Beyond the Horizon – Game Day Edition Week 13: Miami DolFans Germany e.V.
An Sonntag kommt es im Levi`s Stadium zum Duell zwischen zwei Divisionsspitzenreitern. Die San Francisco 49ers empfangen die Miami Dolphins und damit treffen die beiden Erstplatzierten der NFC West und AFC East aufeinander. Es gibt zahlreiche Verbindungen zwischen den beiden Teams, nicht zuletzt durch den Wechsel von Mike McDaniel, der als Head Coach bei den Miami Dolphins nach dem Ende der Saison 2021 anheuerte. Im Vorfeld des Spitzenduells sprachen wir mit den Miami DolFans Germany e.V. und ziehen ein wenig Bilanz zur bisherigen Saison. Natürlich geht es auch um die Begegnung am Sonntag und ein kleiner Blick in die Zukunft darf natürlich auch nicht fehlen!
Hallo liebe Freunde von der Miami DolFans Germany! Knapp zwei Drittel der Saison 2022 sind bereits gespielt und die Miami Dolphins liegen mit einer Bilanz von acht Siegen und drei Niederlagen auf dem ersten Platz in der AFC East. Vor der Saison übernahm Mike McDaniel den Posten als Head Coach bei den Dolphins. Wie sieht Eure erste Zwischenbilanz unter dem neuen Head Coach und seinem Staff aus Eurer Sicht aus? Was hat sich zu Vorgänger Brian Flores besonders verändert?
Miami DolFans Germany: Da kann und muss man sagen: die offensive Identität. Es ist Mike McDaniel und OC Frank Smith gelungen, aus einer Offense am Boden eine der Top 3 Offenses der gesamten Liga zu formen. Das Mantra „Speed Kills“ sowie deren variable Umsetzung mit Hilfe der schnellen Receiver Tyreek Hill und Jaylen Waddle gestaltet sich wesentlich besser als prognostiziert. Hatte man die Hoffnung, Quarterback Tua Tagovailoa nach der Saison mit einem deutlich verbesserten Supporting Cast nachhaltig evaluieren zu können, hat sich der Hawaiianer unter dem neuen Coaching Staff von einem mutlosen Borderline-NFL-Starter mit ungewisser Zukunft in der Liga zu einem Top 5-Spielgestalter zu entwickeln. Zwar zeigt er immer noch seine Limitierungen in Bezug auf Deep Throws, aber McDaniel hat das System um die Stärken seines Quarterbacks herum designt. Wäre das leidige Thema der Concussions und der damit verbundenen Ausfall-Zeit von Tua zur Mitte der bisherigen Saison nicht gewesen (hier fielen die Niederlagen gegen Jets und Bengals), es wäre sogar noch eine bessere Bilanz möglich gewesen.
Die AFC East wurde in den vergangenen Spielzeiten eigentlich immer von den New England Patriots dominiert. Nach dem Abgang von Tom Brady zu den Tampa Bay Buccaneers schien es, als würden die Buffalo Bills das Kommando in der Division übernehmen. Nun stehen die Dolphins vor Week 13 gemeinsam mit den Bills an der Spitze der AFC East und auch die New York Jets sind nur einen Sieg hinter dem Führungsduo. Wie schätzt Ihr die Lage der Dolphins und der Division in der AFC ein? Schaffen es womöglich zwei oder mehr Teams aus der AFC East in die Playoffs?
Miami DolFans Germany: Es besteht die konkrete Hoffnung, dass neben den Bills zumindest die Dolphins den Weg in die Playoffs finden werden. Die Jets, in der Zwischenzeit mit einigen Quarterback-Problemen, bieten unter ihrem Coach Robert Saleh eine starke Defense auf. Wenn es den New Yorkern gelingt, mit dem neuen Quarterback Mike White die Punkte aufs Board zu bringen, die es für die noch fehlende Anzahl an Siegen braucht, können auch sie ein ernstzunehmender Kandidat für die POs sein.
Die Patriots, derzeit im Playoff Race an Position acht und damit außerhalb der weiteren Saison, sehe ich persönlich (Tobi) als offensiv einfach zu inkonstant und nicht stark genug an, noch mit in die Playoffs zu rutschen. Hier sind aber sicherlich die beiden Duelle mit den Bills sowie das Rückspiel gegen die Fins entscheidend. Die Bills sind aus meiner Sicht der klare Favorit für die Krone der AFC East. Allerdings trifft deren Star-Quarterback Josh Allen in der Red Zone vermehrt die falschen Entscheidungen und es wirkt so, als wolle er den Erfolg an der ein oder anderen Situation zu sehr erzwingen. Zudem spielt er mit einer Verletzung und es lässt die Tür zumindest offen.
Entscheidend wird hier das Rückspiel zwischen Bills und Dolphins Ende Dezember sein. Sollte es Miami gelingen, Buffalo auch in der Kälte zu bezwingen, wird der AFC East-Titel wohl in dieser Saison nach South Beach gehen.
Mit Mike McDaniel kam das „Shanahan-System“ nach Florida. Wie gefällt Euch die neue Struktur der Offense und wo seht ihr die größten Unterschiede zu der Art wie die San Francisco 49ers, Green Bay Packers oder auch Los Angeles Rams strukturell agieren? Schließlich waren Matt LaFleur, Sean McVay und Mike McDaniel alles Assistant Coaches von Kyle Shanahan, als dieser Offensive Coordinator unter seinem Vater Mike bei den damaligen Washington Redskins war.
Miami DolFans Germany: Mike McDaniel scheint derjenige der bisherigen Coaches aus dem „Shanahan Tree“ zu sein, dem es gelingt, das von seinem Lehrmeister übernommene System punktuell auch adaptieren zu können. Wesentliche Elemente, von denen man bei den Dolphins vor der Saison ausging, dass sie auch bei „uns“ zum Tragen kämen (starkes Running Game, Einbindung der Tight Ends – um nur mal einige Elemente zu nennen), waren in der Form nicht umsetzbar. Vielmehr gelingt es dem Neu-Coach, seine offensive Spielidee rund um die Stärken seiner Offense zu bauen und so etwas aufzubauen, dass derzeit erfolgreich ist.
Nach Total DVOA von Football Outsiders liegen die Dolphins auf dem 8. Platz ligaweit. Die Offense belegt aus Sicht der Dolphins mit dem 2. Rang die interne Bestplatzierung, während Defense auf dem 17. Platz rangiert und Special Teams (31.) enttäuschen. Kann die Offense der Dolphins das Team in Richtung Wild Card oder sogar noch dem Divisionssieg tragen? Gegen die Top Defenses nach DVOA hatte das Team unterschiedlichen Erfolg: Siege gegen Buffalo Bills und New England Patriots und eine Niederlage gegen die New York Jets, die ein ähnliches Scheme spielen wie die 49ers. Was erwartet Ihr von Eurer Offense gegen die Niners Defense und wie besteht die Dolphins Defense gegen Jimmy G und Co.?
Miami DolFans Germany: Es wäre leichtfertig anzunehmen, dass sich das Spiel der Dolphins bei den Jets sonderlich gut für einen Vergleich heranziehen ließe, denn dieses Spiel fiel mitten in eine Phase, in denen der in dieser Saison wichtigste Spieler wegen einer Concussion ausfiel: Tua Tagovailoa konnte in diesem Spiel ja nicht mittun und auch Backup Teddy Bridgewater war unpässlich, so dass Miami dieses Spiel mit dem dritten Quarterback angehen musste. Zwar machte Skylar Thompson seine Sache recht gut. Mit einem fitten Starting Quarterback hätte aber auch die Jets-Defense sicherlich mehr Probleme bekommen.
Gerade in den letzten Spielen gegen vermeintlich leichtere Gegner (wobei dies in der NFL relativ ist, da will jedes Team zunächst erst einmal geschlagen werden) konnte die Offense ihre Stärken ein ums andere Mal ausspielen und 30 und mehr Punkte in Serie aufs Board bringen. Durch den neu geholten Running Back Jeff Wilson Jr. hat die Offensive sogar noch ein Element mehr hinzugewonnen.
Was es für Sonntag zu erwarten gilt, ist sehr schwer vorherzusagen. Viele spannende individuelle Matchups sind zu erwarten. Gerade die Niners-Secondary ist stark. Der SF-Bosa-Bruder hat seine Power nicht erst in dieser Saison in der Liga nachgewiesen und führt einen beeindruckenden Pass Rush gegen eine angeschlagene Dolphins-O-Line ins Feld. Es droht ein arbeitsreicher Tag für Quarterback Tua Tagovailoa zu werden; allerdings hat der einen schnellen und akkuraten Release. So könnte lediglich das tiefe Element aus der Offense der Dolphins weniger zum Tragen kommen und man sich mehr auf das Fokussieren, wie es in der letzten Saison aussah: kurze, schnelle Pässe und der Versuch, die Mid Range und die Mitte des Feldes zu bespielen und zu dominieren.
Wenn man mit Tight End Mike Gesicki im Slot arbeitet oder Hill und/oder Waddle auf kurze Routen über die Mitte des Feldes schickt, sollte der Verlust an Zeit für das tiefe Element nicht dazu führen, dass die Offense gestoppt wird. Sie würde lediglich verlangsamt. Dies könnte dann dazu führen, dass die Drives von Miami länger dauern und so anfälliger für Stops werden. Viele Fehler der beiden Quarterbacks (sowohl Tua als auch Jimmy Garoppolo sind ja nicht dafür bekannt) gibt es am Sonntag wohl nicht zu bewundern.
Zum anderen ist die Secondary der Dolphins, die in den letzten Jahren durch viele Interceptions aufwartete, nicht in der Lage, dies in dieser Saison ebenfalls umzusetzen. Star-Cornerback Xavien „X“ Howard ist angeschlagen und spielt durch eine Verletzung. Er ist leistungstechnisch bei Weitem nicht bei 100%. Mit Cornerback Byron Jones, Safety Brandon Jones und Nickelback Nick Needham fallen weitere wichtige Spieler aus. So ist die Defense von Miami, die man vor der Saison als Stärke im Auge hatte, in der bisherigen Spielzeit doch eher löchrig, wacklig und immer für ein abzugebendes Big Play gut.
Die Trade-Verpflichtung von Defensive End Bradley Chubb hat aber immerhin dafür gesorgt, dass mit dem Ex-Bronco sowie Melvin Ingram, Jaelan Phillips und Andrew van Ginkel ein passabler Pass Rush stattfinden kann, der die O-Line von Chris Foerster (den man ja in Miami noch aus seiner Dolphins-Zeit als O-Line-Coach kennt) sicher das ein oder andere Mal wird testen wollen. Es bleibt abzuwarten, welche der beiden „schwächeren“ Units (Dolphins D oder 49ers Offense) den starken Part der Mannschaften stärker wird supporten können. Meine Prognose: Das Spiel wird beim Aufeinandertreffen zwischen Dolphins Offense und San Francisco Defense entschieden. Wer sich hier durchsetzen kann, der wird auch den Win davontragen können.
Nach zwölf absolvierten Spielen kann man auch ein wenig Bilanz ziehen: Welche Spieler sind aus Eurer Sicht die positiven und negativen Überraschungen in Reihen der Dolphins bisher? Wer bekommt derzeit den Titel Dolphins-Mid-Season-MVP? Und: Wie seht Ihr die Entwicklung von Tua Tagovailoa?
Miami DolFans Germany: Die negativen Überraschungen sind sicherlich offensiv Chase Edmonds und Cedrick Wilson. Der Running Back wurde, nachdem er bei den Dolphins nie wirklich funktionierte, bereits schon wieder weggetradet. Der ehemalige Cowboys-Wide Receiver Wilson, eigentlich als klare Nummer drei hinter Hill und Waddle bei den Passcatchern geholt, ist nun mehr zwar eine offensive Option, wird aber in erster Linie als Kickoff- und Punt Returner genutzt. Zu den Gewinnern zählt offensiv neben den „Superstars“ (Hill, Waddle) vor allem auch der Ex-49er Trent Sherfield. Er ist derzeit Nummer drei Wide Receiver und wird von Tua immer dann gesucht, wenn gegnerische Defenses sich auf die Speedy Options der Dolphins konzentrieren und versuchen, diese wegzunehmen.
Mid-Season-MVP wird aus meiner (Tobis) Sicht aber ganz klar Tua Tagovailoa. Seine Entwicklung ist die Nachhaltigste und Eklatanteste im Kader. Vor der Saison wurde er von vielen Experten noch harsch kritisiert und es stand zur Frage, ob er als Starter in der NFL tauglich sei. Jetzt ist er neben Patrick Mahomes von den Chiefs DER Kandidat für den Liga-MVP-Titel und in vielen Kategorien im Passing unter den Top 5 der NFL. Klar, Mitspieler wie eben Tyreek Hill und Jaylen Waddle sowie eine verbesserte O-Line helfen dem Hawaiianer auf seiner Entwicklung natürlich, Coach McDaniel schenkt ihm sein volles Vertrauen und hat ein offensives System rund um seine Stärken geformt. Dennoch sind Tuas Leistungen in der bisherigen Saison – abgesehen von seiner Concussion und den pausierten Spielen (die Miami allesamt verloren hat) – einer der Hauptgründe, weswegen das Team momentan den zweiten Platz der AFC belegen und auf einer Welle des Erfolgs schwimmen kann.
Die Dolphins führen im All-Time Vergleich der beiden Franchises mit acht Siegen gegenüber sechs Niederlagen. Außerdem gewannen die Dolphins die letzten beiden Partien gegeneinander. Dagegen sieht ESPN die Niners für Week 13 mit vier Punkten vorn und das Over/Under liegt bei 46,5. Was erwartet Ihr von der Begegnung? Können die Dolphins im Levi`s Stadium gewinnen? Wie ist Eurer Tipp und wählt Ihr das Over oder Under?
Miami DolFans Germany: Ehrlich gesagt: es wird ein sehr enges Spiel mit vielen spannenden Matchups werden. Stärke trifft auf Stärke. Die starke Niners-Defense bekommt es mit einer der schnellsten und schlagkräftigsten Offenses der Liga zu tun. Mike McDaniel trifft auf seinen alten Freund und Förderer Shanahan. Tua trifft mit Jimmy G. auf „die Mutter der Game Manager“, mit dem er in der Vergangenheit immer mal wieder verglichen wurde. Raheem Mostert und Trent Sherfield kehren ebenfalls zu ihrem Ex-Team zurück. Es wird sehr spannend sein zu beobachten, wie sehr es den „Goldhelmen“ in der Defense gelingen kann, die Offense der Dolphins zu bremsen und den Schlüssel zu finden, Hill und Waddle zu stoppen. Denn die 49ers-Offense und noch viel mehr die Dolphins-(Passing) Defense sind doch eher Durchschnitt. Es KANN zu einem Shootout mit vielen Punkten kommen. Ich rechne aber eher mit weniger Punkten und einem sehr engen match, bei dem wenige Situationen und die Tagesform entscheiden werden, wer am Sonntagabend als Sieger den Platz verlässt. Ich hoffe natürlich auf einen knappen Sieg „meiner“ Dolphins und natürlich können sie in Santa Clara gewinnen. Es würde mich aber auch nicht überraschen, wenn es nicht zum Sieg reichen sollte. Ich bin auf jeden Fall heiß auf dieses richtungsweisende Spiel – für beide Franchises!
Vielen, vielen Dank für Eure Zeit! Die Zusammenarbeit und das freundschaftliche Verhältnis zwischen der Miami DolFans Germany und den 49ers Germany schätzen wir sehr!
Miami DolFans Germany: Wir konnten uns bisher auch immer auf Frank und seine detaillierte Expertise verlassen! Wir schätzen ihn als Experten sehr und sind den 49ers Germany dadurch schon viele Jahre verbunden. Wir wünschen – auch im Namen des DolFans Germany e.V. – allen der 49ers Germany auf jeden Fall ein spannendes und lange enges Spiel – möglichst ohne schwerere Verletzungen und geprägt durch Fairness und Verbundenheit auf beiden Seiten, die auch zwischen Dolphins Drive und 49ers Germany bestehen! Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Mal.