Beyond the Horizon – Episode 66: Neue Head Coaches Special mit den Saints Germany
Gleich neun Teams entließen nach (oder zum Teil auch schon während) der Saison 2021 ihren Head Coach. Auch in diesem Jahr sprechen wir im Head Coaches Special von Beyond the Horizon mit deutschen Fangruppierungen der entsprechenden Teams über die alten und neuen Head Coaches sowie ihre Erwartungen. Im vierten Teil des Head Coaches Special sprechen wir mit den Saints Germany über den zurückgetretenen Sean Payton und den neuen Head Coach Dennis Allen. In den bisher veröffentlichen Ausgaben ging es bereits im die neuen Head Coaches bei den Minnesota Vikings (Minnesota Vikings Fans Germany e.V.), New York Giants (Big Blue Germany) und den Houston Texans (Texans Nation D/A/CH). Viel Spaß!
Special: Neue Head Coaches zur Saison 2022
Ausgabe | Head Coach | Team | Fanclub |
63 | Kevin O`Connell | Minnesota Vikings | Minnesota Vikings Fans Germany e.V. |
64 | Brian Daboll | New York Giants | Big Blue Germany |
65 | Lovie Smith | Houston Texans | Texans Nation D/A/CH |
66 | Dennis Allen | New Orleans Saints | Saints Germany |
Doug Pederson | Jacksonville Jaguars | Jax Elite | |
Nathanial Hackett | Denver Broncos | Denver Broncos Germany | |
Mike McDaniel | Miami Dolphins | Miami DolFans Germany | |
Matt Eberflus | Chicago Bears | German Bears Cave | |
Josh McDaniels | Las Vegas Raiders | Raider Nation Germany |
Seid gegrüßt liebe Freunde von den Saints Germany! Am letzten Spieltag der Regular Season verpassten die New Orleans Saints trotz eines eigenen Erfolgs gegen die Atlanta Falcons die Postseason. Mit neun Siegen und acht Niederlagen landete man auf dem zweiten Platz der NFC South und musste zum ersten Mal seit 2016 die Postseason vom Sofa aus verfolgen. Kurz nachdem Saisonende gab dann Head Coach Sean Payton seinen Rücktritt als Head Coach bekannt. Wie lautet Eure Saisonbilanz und wie sehr hat Euch der Rücktritt von Sean Payton überrascht?
Saints Germany: Wie man diese Saison bewertet hängt davon ab, welche Erwartungen man an sie hatte und diese fielen bereits vor der Saison sehr unterschiedlich aus. Es war die erste ohne Drew Brees und bereits in der Offseason war klar, dass wir auf Michael Thomas verzichten mussten und es sollten noch viele Verletzungen folgen. Es war eine Saison vieler Aufs und Abs. Ein Hurrikan hat uns aus dem Dome vertrieben, der halbe Trainerstab war mit Covid infiziert, wir hatten vier Kicker und vier Quarterbacks. Trotzdem konnten wir die Saison mit einem positiven Record beenden, wir haben eine Defense auf die wir stolz sind und eine Offense an der wir verzweifeln. Wir sind froh, dass wir aus so wenig so viel herausholen konnten, denken aber auch dass mit einem gesunden Roster sehr viel mehr drin gewesen wäre.
Sean Paytons Rücktritt hat die meisten von uns komplett überrumpelt. 2019 hatte er seinen Vertrag um 5 Jahre verlängert und der Zeitraum, in dem die meisten Coaches ihre Teams verlassen, war auch bereits verstrichen.
Seit 2006 war Sean Payton der Head Coach bei den Saints. In der Regular Season gewann Payton 63,1% aller Partien (152 Siege, 89 Niederlagen) und in der Postseason 52,9% (neun Siege, acht Niederlagen). Höhepunkt der Payton Ära in den New Orleans war sicherlich der Erfolg im Super Bowl XLIV, als man die Indianapolis Colts mit 31:17 schlug. 15 Spielzeiten stand Payton bei den Saints als Verantwortlicher an der Seitenlinie: Beschreibt uns doch bitte die Bedeutung von Sean Payton über diesen Zeitraum, aber nicht nur für die Saints als Franchise, sondern auch für die Region „Big Easy“!
Saints Germany: Die Payton-Brees-Ära ist etwas, wovon man in Louisiana noch in hunderten von Jahren schwärmen wird und worüber Jeff Duncan vor kurzem sogar ein eigenes Buch geschrieben hat. Sean Payton hat aus einem der schlechtesten Teams der NFL, den "Aints", ein Team gemacht, welches respektiert wird und das in einer Zeit, in der die Stadt New Orleans am Boden war. Er war mit verantwortlich für eines der besten Free Agent Signings der Geschichte, er hat den Super Bowl gewonnen. Das wird man ihm nie vergessen und wo man sich auch umhört, man hört nur Dankbarkeit.
Dem kolossalen Erfolg mit dem Gewinn des Super Bowls in der Saison 2009 steht nun auch in krassem Gegensatz zu „Bounty-Gate“ und der damit verbundenen Sperre für die Saison 2012. Ist es aus Eurer Sicht bedauerlich, dass diese Ära einen großen Head Coaches (dessen Karriere nun ja auch noch nicht zwangsläufig beendet ist) immer mit diesem Skandal in Verbindung gebracht wird?
Saints Germany: Der von der NFL selbst initiierte und inszenierte „Kopfgeld-Skandal“, bei der die NFL, im Versuch sich selbst reinzuwaschen, ein Exempel für eine vorherrschende Kultur der gesamten Liga an einem einzelnen Team mit beispiellosen Strafen statuiert hat, welche die Saints auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Stärke getroffen und über Jahre hinweg gemartert haben, war eine Schande. Wer sich allerdings ernsthaft mit dem Thema „Bounty Gate“ beschäftigt, merkt schnell, dass sich die Vorwürfe nicht gegen Sean Payton persönlich oder die New Orleans Saints, sondern gegen die NFL richten sollten und der erkennt leider auch die Parallelen zu der Art und Weise, wie die NFL heute noch mit unangenehmen Entwicklungen und Themen in ihrer innersten Struktur umgeht (z.B. hinsichtlich der jüngsten Veröffentlichungen von Brian Flores). Das ist bedauerlicher, als alle noch heute vereinzelt zu vernehmenden spöttischen Kommentare zu diesem Thema, die meistens aus Atlanta oder Minnesota in unsere Richtung geäußert werden.
Nun ist der Rücktritt von Payton der zweite große Einschnitt bei den Saints innerhalb von knapp zwölf Monaten. An der Seite von Payton war mit Ausnahme der letzten Saison auch immer Quarterback Drew Brees. Zusammen erreichten beide in neun von 15 gemeinsamen Spielzeiten die Playoffs. Wie sehr schmerzt der Verlust von diesen beiden Franchise Ikonen? Hätte mit diesem Duo nicht eigentlich mehr als „nur“ ein Auftritt im Super Bowl drin sein müssen?
Saints Germany: Es hätte definitiv mehr als nur ein Super Bowl drin sein müssen. Die Strafen, die uns nach Bounty-Gate auferlegt wurden, haben uns zunächst zurückgeworfen und wir waren lange mit einer historisch schlechten Defense gestraft. Vor allem in den letzten paar Jahren haben wir nochmal alles in die Waagschale geworfen mit einem ausgereizten Cap und einem Brees im Wettlauf gegen seine biologischen Uhr. Mal hätten wir die Schiedsrichter zum Mond schießen können, mal hat das letzte Quäntchen Glück gefehlt, am Ende hatten wir es aber in der eigenen Hand und dass sich dieses tolle Team am Ende dieser Ära nicht selbst mit einem zweiten Ring belohnen konnte, ist mehr als traurig.
Die Saints kamen spät ins Rennen um die begehrtesten Coaches und der ein oder andere mögliche Kandidat war bereits vom Markt. Die Verantwortlichen interviewten Doug Pederson (ehemalige Head Coach der Philadelphia Eagles und nun Head Coach der Jacksonville Jaguars), Brian Flores (ehemaliger Head Coach der Miami Dolphins) und Dennis Allen (Defensive Coordinator aus den eigenen Reihen). Angeblich bestand auch Interesse an Aaron Glenn (Defensive Coordinator der Detroit Lions) und Byron Leftwich (Offensive Coordinator der Tampa Bay Buccaneers). Hat es Euch überrascht, dass Saints mit Dennis Allen den Nachfolger von Sean Payton in den eigenen Reihen gefunden haben? War Allen auch Eure Wunschlösung?
Saints Germany: Überrascht hat uns Allens Verpflichtung nicht, denn er war die logische Wahl. Er hat eine überaus erfolgreiche Defense bei uns aufgebaut und bis zu Paytons Rücktritt waren wir davon ausgegangen Allen bald als Head Coach an ein anderes Team zu verlieren. Wir sind froh, dass der Posten in der Familie bleibt, wie man so schön sagt, auch wenn wir durchaus mit anderen Kandidaten geliebäugelt hatten. Zum Beispiel Eric Bieniemy, der Offensive Coordinator der Chiefs, einem Offensive Mind, der frischen Wind reinbringt, während Allen weiterhin an der Defense arbeitet. Aber es ist nun mal so gekommen und darüber sind wir nicht unglücklich. Dennis Allen kennt die Spieler und die Organisation, man vertraut ihm, also tun wir das auch.
In der Offensive wird nun Peter Carmichael die Verantwortung tragen. Carmichael ist schon seit 2006 bei den Saints und bekleidet seit 2009 den Posten des Offensive Coordinators. Aber er stand im Schatten des Offensive Minded Head Coaches Sean Payton, der auch die Plays gecalled hat. Mit Ronald Curry wird der bisherige Wide Receivers Coach die Quarterbacks trainieren, Offensive Line Coach Dan Roushar wird zum Run Game Coordinator und Tight Ends Coach befördert. Die Running Backs coacht weiter Joel Thomas. Von außen kommt Kodi Burns als neuer Wide Receivers Coach von den Tennessee Volunteers in den Staff. Das klingt nach viel Kontinuität. Was erwartet Ihr von der Offense unter Carmichael in der Saison 2022?
Saints Germany: Saints Fans waren immer sehr froh, dass Carmichael in Sean Paytons Schatten gestanden hat, denn so blieb er uns ohne ernstzunehmende OC-Angebote von außen über all die Jahre erhalten. Viele wissen dabei nicht, dass Carmichael sich das Playcalling in seiner Karriere oft mit Sean Payton geteilt hat – und wem Sean vertraut, dem vertrauen auch wir Saints Fans. Die Saints haben diese Offseason ihre Hausaufgaben gemacht, und für die Positionen des HC und OC viele Interviews geführt. Dass sie am Ende trotzdem mit Allen und Carmichael zwei internen Coaches diese Jobs gaben, ist meiner Meinung nach eine sinnvolle und konsequente Entscheidung für Stabilität und Kontinuität. In den letzten fünf Jahren haben nur die Chiefs mehr Saisonspiele als die Saints gewinnen können. Und gemessen an der Erfahrung und den Erfolgen beider gibt es – zumindest aus Coaching-Sicht – keinen Grund, warum sich diese Erfolgsserie nicht auch fortsetzen sollte.
Trotzdem werden die Saints mit den neuen Coaches auch einen neuen Anstrich erhalten. Sowohl Dennis Allen als auch Pete Carmichael gelten im Gegensatz zum extrovertierten und zum Teil aufbrausenden Sean Payton als eher stille, analytische und zurückhaltende Vertreter ihrer Zunft. Und da die meisten deutschen Saints Fans ihr Lieblingsteam gar nicht ohne Sean Payton kennen, wird das also für die meisten von uns eine neue und andere Erfahrung sein, wenn die Kamera in Zukunft zu unserer Sideline herüberschwenkt.
Auch auf der defensiven Seite des Balls setzt man auf bewährte Kräfte. Der defensivorientierte Head Coach Allen brachte die Saints Defense nach Total DVOA in der abgelaufenen Saison auf den dritten Platz und viele Offensivreihen haben sich gerade an der Front die Zähne ausgebissen. Der bisherige Defensive Line Coach Ryan Nielsen wird nun zusätzlich Assistant Head Coach. Einen Defensive Coordinator hat man bisher nicht benannt, aber es wurde in den Medien über die Möglichkeit von zwei Co-Defensive Coordinators Kris Richard (Defensive Backs Coach) und Ryan Nielson spekuliert. Was haltet Ihr von dem defensive Coaching Staff? Wird es Veränderungen im Scheme zum Vorjahr geben und bleibt Allen der Playcaller?
Saints Germany: Allen hat in seiner ersten Pressekonferenz angedeutet, dass er stark im defensiven Playcalling involviert bleiben wird. Wie sich die Einbindung von Nielsen und Richard am Ende genau vollziehen wird, kann man Stand jetzt nur spekulieren. Beide sind allerdings sehr talentierte Coaches, die in der vergangenen Saison eine tolle Arbeit geleistet haben. Kris Richard war der Defensive Backs Coach der Legion of Boom, danach Defensive Coordinator der Seahawks und ist über Dallas nun seit einem Jahr bei den Saints, obwohl ihm DC-Angebote von anderen Teams der Liga vorlagen. Ryan Nielsen lehnte dem ihm angebotenen LSU Head Coach Job vergangenes Jahr ab, um weiterhin bei den Saints bleiben zu können. Seine Arbeit mit der Defensive Line, die seit 2017 immer unter den besten fünf D-Lines der Liga war, ist grandios. Wir hoffen, dass beide Coaches uns noch möglichst lange erhalten bleiben.
Die Saints liegen derzeit mit rund $ 76.000.000 über dem Cap Space. Sarkastisch könnte man formulieren, dass dies zum vergangene Jahr bereits ein Fortschritt ist. Dazu hat man mit Left Tackle Terron Armstead, Free Safety Marcus Williams und den Quarterbacks Jameis Winston und Trevor Siemian kritische eigene Free Agents. An der 18. Stelle picken die Saints zum ersten Mal im Draft 2022 und haben insgesamt wohl acht Picks (drei prognostizierte Compensatory Picks nach Over The Cap) zur Verfügung. Was ist aus Eurer Sicht der Plan für die Offseason der Saints? Kann bzw. muss man Armstead halten? Wen seht ihr als Quarterback für die Saints in 2022 und wen könnte der Cut aus Cap Gründen treffen?
Saints Germany: Mit Mickey Loomis haben wir einen der besten General Manager der Liga, der schon mehrfach bewiesen hat, dass er mit dem Cap zaubern kann. Tatsächlich könnten wir durch Vertragsumstrukturierungen $ 100.000.000 freimachen, ohne auch nur einen einzigen Spieler zu cutten. Natürlich wäre das in Hinblick auf die Zukunft nicht bei jedem Spieler von Vorteil, weshalb wir sicher auf den ein oder anderen Starspieler verzichten werden. Bei Armstead zum Beispiel wäre es aufgrund seiner häufigen Verletzungen zu überlegen auf der Left Tackle Position einen anderen Weg zu gehen. Marcus Williams, der mal wieder eine sehr starke Saison hatte, ist da schon schwieriger zu ersetzen, wir würden ihn gerne behalten wollen, wenn es geht.
Was den Draft angeht, werden wir uns unbedingt früh einen Wide Receiver holen müssen. Michael Thomas kommt zurück und wir brauchen dringend eine Nummer 2. Deshalb wird es - wenn es darum geht welche Spieler wir behalten und welche nicht - auch stark auf den Free Agents Markt ankommen. Die Saints sind aber auch dafür bekannt beim Draft zu überraschen und den „Best Player Available“ zu draften unabhängig von unseren Needs. Das alles macht es sehr schwer irgendetwas vorherzusagen. Erste Priorität für unseren neuen Head Coach wird es aber erst einmal sein, sich für einen Starting Quarterback zu entscheiden. Das könnte Jameis Winston sein, oder ein Free Agent oder vielleicht entwickelt sich der junge Ian Book im Training Camp so gut, dass man ihn für bereit hält zu übernehmen. Es wird auf jeden Fall spannend in dieser Offseason.
Wir bedanken uns herzlich für das Resümee zum zurückgetretenen Head Coach Sean Payton und Euren Gedanken zum neuen Hauptübungsleiter und natürlich für die Bereitschaft bei dieser Sonderausgabe mitzumachen. Wir wünschen Euch viel Erfolg mit dem neuen Coaching Staff und sind gespannt auf die Free Agency und Draft Strategie der Saints.